Creatività alla sinistra! (Kreativität mit links!)

Im Mai 2019 war ich zwei Wochen im Bildungsurlaub in der Toskana (wer das Konzept nicht kennt, einfach mal HIER nachlesen. In Kurzform: Der Arbeitgeber schenkt einem 5 Tage pro Jahr zusätzlichen Urlaub, in denen man sich persönlich, aber nicht beruflich (!) weiterbilden kann. Wenn man in einem Jahr nicht im Bildungsurlaub war, kann man sich 2×5 Tage für eine Maßnahme akkumulieren, das habe ich gemacht). Genauer gesagt in einem zu dieser Jahreszeit noch herrlich verschlafenen Nest namens Castiglioncello. Es liegt ca. 30 Minuten südlich von Pisa, direkt an der Adriaküste, und macht es einem leicht, schnell anzukommen. Bahnhof, Edicola, Bagno, Panificio, Bar. Alles da. Um den Bildungsurlaub soll es aber eigentlich gar nicht gehen, ich kann nur empfehlen, das auch mal zu machen. Worum es eigentlich gehen soll ist, dass ich so ungern Sachen für die Tonne produziere. Nun habe ich während dieser zwei Wochen einen Italienischkurs absolviert und weil ich auch gerne was schreiben wollte, hat meine großartige Lehrerin Donata mir die italienische Abituraufgabe von 2018 hingelegt. Man konnte wählen zwischen einer Textanalyse – das haben wir zuerst gemacht, es ging um einen Ausschnitt aus Giorgio Bassanis Il giardino di Finzi-Cottini – und einem Essay zu verschiedenen vorgegebenen Themen. Ich habe mich für das Thema socio-economico entschieden.  Es ging um Kreativität im 21. Jahrhundert. Das also zur Vorrede, jetzt folgt der Text, und, weil ich ja nett bin, habe ich ihn auch übersetzt. Das ist weiter unten zu finden.


Creatività alla sinistra!

Io sono mancina, e sempre lo sono stata. Questo fatto, per me – ed anche per i miei genitori che, quando ero piccola, mi hanno messo il cucchiaio per la minestra nella mano destra solo per provare se questo fatto fosse vero – non è mai stato particolarmente interessante. Al contrario, ho sempre pensato che la metà della popolazione umana dovesse essere mancina. Ma non è così. Dai 15 anni mi è accaduto spesso che una persona scoprisse che io ero mancina. E poi si svolgeva sempre quasi la stessa scena: “Adesso tutto è più chiaro! Tu sei mancina! Ho sempre saputo che tu sei un po’particolare, fuori dal comune, speciale … forse anche un po’pazza … caotica … completamente matta … oppure solo più creativa della media. Sono sempre le persone mancine che sono come te.” Rispondevo io: “… ah, hm … se lo pensi …”

Ma una cosa è cambiato recentemente. Da pochi anni si parla molto dell’intelligenza artificiale. Ci sono le macchine, gli automi, i robot inventati solo per fare il nostro lavoro, e per questo, hanno un grande effetto positivo sull’economia globale perché non devono essere pagati. Il capitale umano? Dimenticalo! Adesso è completamente senza valore. Allora, è solo un’incognita su quanto tempo sarà necessario finché verrà inventato un robot con le capacità di fare esattamente il mio lavoro. Ed io comincio ad avere paura, però.

Io sono mancina. Sempre quando ho questi piccoli attacchi di panico mi aggrappo a questa mano sinistra, che mi dice: “Don’t panic! Sei più creativa della media e un robot non potrebbe fare il tuo lavoro creativo. Forse può darsi che io sia anche un po’pazza, ma ci sono delle caratteristiche che si devono sopportare per avere una certa creatività. La vita è così.” Poi, mi siedo comodamente su una poltrona e comincio a riflettere, perché la creatività possa uscire del mio cervello, affinché le idee possano venirmi in mente e svilupparsi. Se un collega arriva e mi guarda con occhio malevolo non importa, perché io so che la noia creatrice talora è importantissima. Si ha bisogno di questo dolce far niente per frequentare sé stessi e, così, per dare al cervello l’opportunità di “creare”. E questo non è una mia idea. Era già l’idea di Seneca, antico filosofo greco. Ma prendere le idee geniali di altre persone è anche un’operazione creativa – se è trasferita in un contesto appropriato.

Certo, anche a me, quando non mi sento al 100 per cento, quando non ho avuto una sola idea geniale da settimane, arrivano dei pensieri negativi, corrosivi. Mi chiedo: “Ma, tu, Ulrike, sii onesta: Che cosa fai veramente? Come sia il tuo lavoro creativo? Prendi gli appuntamenti con i giornalisti, provi a convincerli a venire alla prossima rappresentazione di uno spettacolo teatrale, scegli delle foto che nemmeno hai fatte tu (ma la fotografa), riempi dei moduli e delle liste perché le date degli eventi siano pubblicizzate senza errori sui giornali e sulle riviste, negozi con il tuo key account manager della casa editrice sul prezzo di una pubblicità stampata e ti chiedi se sia veramente necessario stamparla in quattro colori.” Allora, faccio un respiro profondo e rispondo con fiducia, con un piccolo sorriso vittorioso.

“Io sono mancina. Puoi ricordarti di questo documento ‘Chi conosce questa ragazza?’ che ho fatto per l’avvio di Cappuccetto rosso? Puoi ricordarti di questo piccolo give-away che ho immaginato per l’intervallo di C’era una volta … la vita? Puoi ricordarti di questo cartonato di Heidi che ho messo allo zoo nella gabbia delle capre per raggiungere i visitatori dello zoo e interessarli al teatro? Puoi ricordarti del test ‘Quale tipo sono?’ che ho creato per reclamizzare i vantaggi di un abbonamento? E ti sei reso conto almeno una volta come sia veramente difficile convincere un giornalista noioso e poco entusiasta a venire a teatro per fare un’intervista con un attore? Non ne hai idea…”

Per il momento sono sicura: Io non verrò sostituita da un robot, perché un robot non può essere mancino. Non oggi, non domani e certamente neanche dopodomani. E nel futuro più lontano? Vediamo e intanto mi lascio cadere giù nella poltrona. Perché le idee creative possano uscire.

Indicazione: Questo testo sarebbe un articolo di giornale ironico (una glossa) che potrebbe essere pubblicizzato in un giornale regionale o nazionale come colonna settimanale oppure nelle pagine divertenti, come “Tempi liberi” del Corriere della sera (forse nell’inserto del fine settimana).


Kreativität mit links!

Ich bin Linkshänderin. Schon immer gewesen. Diese Tatsache war für mich, und auch für meine Eltern, die mir den Suppenlöffel nur in die rechte Hand gegeben haben, um dies zu überprüfen, nie besonders interessant. Im Gegenteil, ich habe immer gedacht, dass eigentlich die Hälfte der Menschheit Linkshänder sein müsste. Stimmt aber nicht. Seit 15 Jahren passiert es mir immer wieder, dass Menschen herausfinden, dass ich Linkshänderin bin, und dann vollzieht sich quasi immer dieselbe Szene: „Jetzt ist alles viel klarer! Du bist Linkshänderin! Ich hab ja immer gedacht, dass du ein bisschen anders bist, etwas speziell, anders als die anderen, vielleicht auch ein bisschen verrückt … chaotisch … oder komplett durchgeknallt … jedenfalls kreativer als der Durchschnitt. Alle Linkshänder sind so ein bisschen wie du.“ Worauf ich dann antworte: “ …. ah, hm …. wenn du meinst.“

Aber eine Sache hat sich verändert. Seit ein paar Jahren wird viel über künstliche Intelligenz geredet. Es gibt Maschinen, Automaten, Roboter, die nur dazu erfunden wurden, unsere Arbeit zu übernehmen, und damit einen positiven Effekt auf die Weltwirtschaft haben, denn man muss sie nicht bezahlen. Das Humankapital? Vergiss es! Es ist heutzutage völlig wertlos. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis ein Roboter erfunden wird, der genau meine Arbeit machen kann. Und dann bekomme ich Angst. Aber.

Ich bin Linkshänderin. Immer, wenn ich diese kleinen Panikattacken habe, greife ich mir selbst diese linke Hand, die mir sagt: „Don’t panic! Du bist kreativer als der Durchschnitt und ein Roboter kann deine Kreativarbeit nicht machen. Vielleicht bist du auch ein kleines bisschen durchgeknallt, aber es gibt eben Charaktereigenschaften, die man ertragen muss, um kreativ zu sein. So ist das Leben.“ Dann setze ich mich bequem in einen Sessel und beginne nachzudenken, damit mir die kreativen Ideen zufliegen und sich entwickeln können. Wein eine Kollegin ankommt und mich schief anguckt, sage ich nichts, denn ich weiß genau, dass eine gewisse kreative Langeweile von Zeit zu Zeit notwendig ist. Man braucht dieses dolcefarniente um sich selbst zu befragen und so dem Hirn die Gelegenheit zu geben, etwas zu „kreieren“. Und das ist nicht meine Idee. Es war schon die Idee von Seneca, dem antiken griechischen Philosophen. Aber auch die Übernahme einer genialen Idee einer anderen Personen ist eine kreative Handlung – wenn die Idee in einen passenden Kontext transferiert wird.

Sicher, auch ich habe Phasen, wo mich das Hochstaplersymptom ereilt und ich denke, ich kann nichts, wenn ich seit Wochen nicht eine einzige geniale Idee hatte. Das kann geradezu zersetzende Züge annehmen. Dann frage ich mich: „Ulrike, sei mal ehrlich: Was machst du denn wirklich? Was soll den an deiner Arbeit bitteschön kreativ sein? Du machst Termine mit Journalisten aus oder versuchst sie davon zu überzeugen, zur nächsten Theaterpremiere zu kommen, du suchst Fotos aus, die du noch nicht einmal selbst gemacht hast (sondern die Fotografin), du füllst irgendwelche Listen und Formulare aus, damit die Vorstellungsdaten in den Terminkalendern der Zeitungen und Zeitschriften richtig genannt werden, du verhandelst mit deiner Key-Accounterin den Preis einer Anzeige und fragst dich, ob es wirklich notwendig ist, die in 4c zu drucken.“ Dann atme ich tief ein und antworte überzeugt, mit einem kleinen überlegenen Lächeln.

„Ich bin Linkshänderin. Kannst du dich an den Aushang ‚Wer hat dieses Mädchen gesehen?‘, den ich für die Ankündigung von Rotkäppchen geschrieben habe, erinnern? Kannst du dich an das kleine Give-Away erinnern, das mir für Es war einmal … das Leben ausgedacht habe? Erinnerst du dich an den lebensgroßen Pappaufsteller von Heidi, den ich im Zoo neben dem Ziegengehege aufgestellt habe, damit Zoobesucher erreicht und fürs Theater interessiert werden können? Erinnerst du dich an den Test ‚Welcher Typ bin ich?‘,  den ich ausgeheckt habe, um die Vorteile von Theater-Abos zu bewerben? Und hast du dir vielleicht ein einziges Mal überlegt, wie schwierig das eigentlich ist, einen langweiligen und wenig enthusiastischen Journalisten davon zu überzeugen, ins Theater zu kommen, um ein Interview mit einem Schauspieler zu führen? Du glaubst es ja gar nicht …

Im Moment bin ich mir sicher: Ich werde nicht durch einen Roboter substituiert, weil es keinen linkshändigen Roboter gibt. Nicht heute, nicht morgen, und sicher auch nicht übermorgen. Und in der ferneren Zukunft? Das werden wir dann sehen –  und bis dahin lasse ich mich in meinem Sessel tiefer sinken, damit die kreativen Ideen sich entfalten können.

Anmerkung: Dieser Text ist eine Glosse und könnte in einer regionalen oder überregionalen Zeitung z. B. in einer wöchentlichen Kolumne oder in den bunten Seiten veröffentlicht werden, z. B. in der Rubrik „Tempi liberi“ im Corriere della sera (vielleicht in der Wochenendbeilage)

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