Ich rate zu.

Obwohl ich (noch?) nicht zu den Top-Influencerinnen im Kulturbereich (gibt es die?) gehöre, möchte ich heute mal ein paar wärmste Empfehlungen aussprechen, da sich meine Beglückung durch eine Serie von Gehörtem, Gelesenem und Immer-schon-Dagewesenem gerade häuft.

Empfehlung Nr. 1: Lakonisch elegant

Lakonisch elegant klingt ein bisschen gewollt, aber man will ja auch nichts Geringeres sein als DER Kulturpodcast von Deutschlandfunk Kultur. Das muss auch der Titel ausstrahlen, also geht das schon klar. Überhaupt zählen ja wie immer die inneren Werte. Und die haben Lakonisch elegant binnen kurzer Zeit zu einem meiner Lieblings-Podcasts werden lassen. Ich habe bislang keine der immer donnerstags erscheinenden Folgen verpasst und hatte kurzzeitig sogar die Befürchtung, der Podcast würde es nicht lange machen, als eine Weile lang immer nur Christine Watty moderierte und der Rest des Moderator*innen-Quartetts hanebüchene Ausreden für die Nicht-Anwesenheit als Whatsapp-Sprachnachrichten übermittelte. Aber das hat sich wieder gefangen. Eigentlich war ich schon ab Folge 1 voll drin, da ich laut auflachen musste, als Oliver Polak der Meinung war, Martin Walser sei doch tot (ist er noch nicht). Dass ich beim Podcast-Hören, was ich normalerweise bei meinen Maschsee-Runden mache, laut auflache, kommt höchstselten vor. Dann gucke ich mich immer verschämt um, ob andere Läufer*innen mein Vor-mich-hin-Lachen verwundert zur Kenntnis nehmen. In diesem Podcast wurden vor einiger Zeit, anlässlich der Leipziger Buchmesse, Lieblingsbücher der vier Moderator*innen (das sind, btw, nebst der bereits erwähnten Christine Watty noch Julius Stucke, Johannes Nichelmann und Katrin Rönnicke) vorgestellt. Womit ich zur nächsten Empfehlung komme.

Empfehlung Nr. 2: Der Russe ist einer, der Birken liebt

Das von Johannes Nichelmann vorgestellte Buch[1] war der knapp 300 Seiten starke Debütroman Der Russe, der Birken liebt von Olga Grjasnowa. Ich hatte von dem Roman vor ein paar Jahren, als er erschien, schon gehört, ihn aber nicht gelesen und dachte, dass es jetzt, durch Lakonisch elegant daran erinnert, mal an der Zeit sei. Olga Grjasnowa ist, wie ihre Hauptfigur Mascha, als jüdisch-aserbaidschanischer Kontingentflüchtling in den Neunzigern nach Deutschland gekommen und hat sich die deutsche Sprache wie einen Panzer angeeignet. Ich habe heute die ersten 130 Seiten quasi in einem Rutsch durchgelesen und konnte mich gar nicht losreißen. Die Story spielt in Frankfurt am Main, im polyglotten urbanen Akademiker-Niveau, die Hauptfiguren haben diverse Migrationshintergründe und stehen kurz vor dem Abschluss ihres jeweiligen Studienganges. Und da wird Protagonistin Mascha nun durch den plötzlichen Tod ihres Freundes Elias komplett rausgeworfen. Die Erzählung nimmt einen direkt mit, die Figuren sind interessant und vielschichtig, und man erfährt viel über die verschiedenen (Obacht, schlimmes Mode-Wort) „Päckchen“, die sie alle zu tragen haben. Die Sprache ist klar und geschliffen, nicht barock ausgeschmückt, Zeitsprünge in die Vorgeschichten der einzelnen Figuren sind gut nachvollziehbar und lassen einem die Handlungstragenden nahekommen. Fast hat man das Gefühl, auf der Party neben Cem oder Sami zu sitzen und bei einem Bier mit ihnen über den Israel-Palästina-Konflikt zu diskutieren. Ich kann den Roman wärmstens empfehlen. Die dritte Empfehlung bezieht sich auf den Ort, wo ich den Roman gekauft habe.

Empfehlung Nr. 3: Fairkauf

Ich gehe regelmäßig an Samstagen ohne feste Pläne zu Fairkauf im Zentrum von Hannover. Das Kaufhaus bietet auf fünf Etagen ein wildes Sammelsurium an Nützlichem, Nutzlosem, Schönem und Geschmacklosem – von Klamotten zu Kleinmobiliar, von Elektrozubehör bis Würfelspiel, von Küchenkram bis Hobbykeller. Wenn ich etwas für meinen Haushalt brauche (zuletzt ein Milchkännchen), dann gehe ich immer zuerst zu Fairkauf. Bei Büchern verhält es sich genauso. Durch zahllose Wohnungsauflösungen ist der Bestand immer wieder komplett ausgewechselt und so manchen Roman findet man nach recht kurzer Zeit in gebundenen oder Taschenbuchausgaben. Bei meinem letzten Streifzug habe ich neben Der Russe, der Birken liebt noch Corpus Delicti von Juli Zeh und Deutschstunde von Siegfried Lenz (der ja durch die aktuelle Emil-Nolde-Diskussion wieder mal aufs Tapet kam) für zusammen 5,50 € ergattert. Da ich gegenüber einem Kauf als E-Book 23,29 (!) € gespart habe, bin ich erst mal Kaffee trinken gegangen. Allen Sparfüchs*innen, Upcycler*innen und Nachhaltigkeitwichtigfinder*innen sei ein Fairkauf-Einkauf wärmstens ans Herz gelegt. Und wer nicht in Hannover lebt: Solche sozialen Kaufhäuser gibt es in so ziemlich jeder Stadt. Man muss nur für den Erstbesuch im Rotkreuz-Laden o. ä. seine Vorurteile gegenüber der vermuteten Klientel ablegen – denkt einfach an mich!

[1] In einer anderen Folge von Lakonisch elegant ging es, anlässlich der Berlinale, um Lieblingsfilme. Johannes Nichelmann wählte The Act of Killing. Ich bin auf der Suche nach diesem Film, da ich den schon länger sehen will. Wenn den jemand hat, freue ich mich über ein Zeichen!

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